Direkt zum Hauptbereich

Einstieg ins Home-Recording

Oft verfolge ich im Netz Diskussionen über das vermeintlich "beste" Mischpult oder Mikrofon. Einerseits ist es toll, dass man bei YouTube und Co. von einer wachsenden Home-Recording-Community sprechen kann. Andererseits haben sich immer noch diverse Mythen durchgesetzt. Braucht man tatsächlich ein Mischpult für Let's Plays und gibt es wirklich Hersteller, die viel besser sind als andere?

Ich habe mich mit einigen häufig gestellten Fragen auseinander gesetzt und kam zu folgendem Schluss.

Grundlage für eure Anschaffungen sollten folgende zwei Faktoren sein

- Budget: Wie viel möchte ich ausgeben?
- Anwendungsbereich: Wofür möchte ich das Setup hauptsächlich nutzen?

Beherrscht man alle wichtigen Recording-Grundlagen, kann man auch mit preiswertem Equipment ein passables Ergebnis erzielen. Fehlt es aber schon an den Grundkenntnissen, lässt sich auch mit teurer Hardware kein guter Sound produzieren. Als Anfänger sollte man es sich außerdem nicht unnötig schwer machen. Dazu möchte ich gerne eine kurze Geschichte erzählen.

Früher habe ich mit einer PCI-Karte und einem Mischpult ganz passable Aufnahmen gemacht. Alternativen wie ADAT oder Firewire-Interfaces waren damals sehr teuer.

Aber anstatt gleich mit einem "günstigen" Homerecording-Setup loszulegen, suchte ich nach dem "besten" Wandler und Recording-Interfaces aus dem Semipro-Bereich. Doch was nützt einem die beste Technik, wenn die Treiber veraltet oder noch nicht ausgereift sind. Vielleicht sollte man auch nicht gleich mit dem kompliziertesten Setup anfangen. Diese Erleuchtung kam mir allerdings erst nach ein paar Fehlschlägen. So erinnere ich mich noch gut an einen verzweifelten Versuch, eine professionelle DSP-Karte mit einer riesigen Breakout-Box unter Windows 98 zum Laufen zu kriegen - Bluescreen!

Dabei wollte ich eigentlich nur eine Stimme aufnehmen und ein Keyboard plus einen Plattenspieler gleichzeitig anschließen. Mit dem günstigen Mischpult und einer einfachen Karte konnte ich endlich verschiedene Signale wie Sampler, Keyboards und ein Kondensatormikrofon gleichzeitig anschließen und vorpegeln, ohne andauernd umzustecken. Mein Mixer hatte pro Kanal einen Stummschalter fürs Harddisk-Recording, bei dem man alles vorhören, aber inaktive Spuren einfach aus der Summe rausnehmen konnte.

Bei einem analogen Mischpult gilt folgende Faustregel: 

Je mehr Kanäle gleichzeitig aufgedreht sind, desto geringer der Signal-Rausch-Abstand, also desto lauter das Rauschen.

Die Summe aller eingehenden Signale ging dann über meine PCI-Karte mit "2-Track (in / out)" direkt in die DAW.  Und ja - bei einem vernünftigen Mischpult kann man sich am Anfang den Kauf eines zusätzlichen Preamps mit Phantomspeisung sparen, falls im Mischpult vorhanden. Die Mischpulte, die man heutzutage für unter 100 Euro bekommt, bieten in der Regel weder eine rauschfreie Verstärkung, noch genügend Kanäle. Für dynamische Mikrofone, die viel Gain benötigen, denkbar ungeeignet.

Doch wie kann man heutzutage ein günstiges Einsteiger-Setup aufbauen?
Wer lediglich ein bis zwei Stimmen gleichzeitig aufnehmen will, muss sich nicht extra ein Mischpult anschaffen. Für 100 bis 120 Euro gibt es USB-Interfaces mit zwei Vorverstärkern, Phantomspeisung für Kondensatormikrofone und weiteren Features. Wer nur seine eigene Stimme aufnehmen und weniger ausgeben möchte, kann sich stattdessen auch ein Mikrofon mit eingebautem USB-Anschluss anschaffen. Man muss sich nur die Frage stellen: Möchte ich lediglich eine Sprachaufnahme in vernünftiger Qualität aufnehmen und nachbearbeiten. Oder will ich auch lernen, mit einer DAW umzugehen und richtige Arrangements mit verschiedenen Instrumenten / Plugins aufnehmen. Dann wäre ein Audio-Interface die bessere Wahl.

Für Podcaster lohnt sich als Software zum Einstieg das kostenlose "Audacity" oder vergleichbare Aufnahmeprogramme. Für ambitionierte Recording-Einsteiger gibt es zahlreiche Bundles, die neben einem Interface auch eine DAW (digitale Audioworkstation) mitbringen - für Anfänger völlig ausreichend.

Sicher gibt es andere Lösungen, da kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen, aber nicht immer sind die neuesten Modelle am besten. Vor dem Kauf sollte man sich außerdem noch einmal über die Grenzen seines Budgets und den Anwendungsbereich Gedanken machen wie eingangs erwähnt.

Ein Podcaster, der gerne weiter weg vom Mikro sitzt, sollte sich zum Beispiel kein Mikro mit einer (Super-)Niere kaufen, sondern beispielsweise ein Mic mit einer umstellbaren Charakteristik zwischen Niere, Kugel und Acht.

Alternativ kann ein Bändchen-Mikrofon auch interessant sein (Vorsicht kann aber durch Phantomspeisung kaputt gehen). Auch am Vorverstärker sollte in diesem Fall nicht unbedingt gespart werden: Je weiter man weg ist, desto mehr muss das Signal verstärkt werden. Manche USB-Interfaces haben relativ lasche Vorverstärker, daher sollte man beim Budget vielleicht noch etwas Luft nach oben lassen - für einen Preamp oder einen Kompressor.

Bespricht man das Mikro lieber nah, kann für Sprachaufnahmen als Einstieg auch ein dynamisches Mikro mit Windschutz und (Tisch-)Stativ oder ein bereits angesprochenes USB-Kondensatormikrofon die richtige Wahl sein. Der "Angry Video Game Nerd" vertont beispielsweise all seine Episoden mit einem dynamischen Mic von Shure.

Eine Veranschaulichung zum Thema "Richtcharakteristik" habe ich in diesen Link gepackt:
Richtcharakteristik Filmschule

Kommentare

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Podium 3: Free DAW

Podium 3 in der Free-Variante ist nicht unbedingt das einfachste Programm für Recording-Einsteiger. Doch wenn man erst einmal mit dem Programm warm geworden ist, bietet es sehr viel für umsonst. Zuerst mal das passende Theme ausgewählt, die Lieblings-VSTs zugewiesen und dann ein paar Spuren fürs Playback und Recording erstellt. Sowohl die Pianoroll als auch der Wave-Editor haben mich von der Bedienung und Optik her überzeugt, aber das Abmischen der Tracks (Bouncen) erfordert dann nochmal etwas Übung.

Mixcraft 8

Braucht die Menschheit noch eine DAW? Acoustica hat die Antwort auf diese Frage parat und präsentiert bei der NAMM 2017 stolz ihre aktuelle Version von Mixcraft mit einigen neuen Features wie dem Performance-Mode, VST3-Support und Social Media Integration. Vor einem Kauf habe ich die DAW erst einmal grundlegend gecheckt. Hier meine vorläufigen Ergebnisse: 1.) Testversion für 14 Tage kostenlos und ohne Registrierung zum Download: - 32 Bit und 64 Bit möglich - unterstützt Windows von XP bis Windows 10! 2.) Leistung: - kurze Ladezeiten - gute Audioperformance mit Wave RT bzw. ASIO Treibern 3.) Strukturierte Oberfläche: Timeline, Performance-Mode und andockbarer Editor (Midi und Audio-Warp), ähnlich wie auch bei Studio One 3 oder Cubase 9 4.) Dezidierte Audio-Nachbearbeitung: Mit externem Editor wie beispielsweise Audacity möglich 5.) Brauchbare Hardware-Nachbauten mitgeliefert: - Prophet-5 ("Messiah") - Moog's Minimoog ("MiniMogueVA") - u

Waves Renaissance Maxx: Das Bundle für Mixing und Mastering

Das "Waves Renaissance Bundle" enthält 10 Plugins aus den Kategorien Hall, Equalizer, Deesser, Kompressor und außerdem den "Waves Tune LT" zur tonalen Nachbearbeitung von Gesangs- sowie Instrumentalaufnahmen. Alle Plugins im Überblick: Renaissance Deesser, Renaissance Compressor, Renaissance Vox, Renaissance Axx, Renaissance Equalizer, Renaissance Reverb, Renaissance Bass und Renaissance Channel sowie den IDR-L Convolution Reverb und den angesprochenen Pitchshifter "Waves Tune LT". Die Effekte laufen über die sogenannte VST-Schnittstelle, die standardmäßig mit Steinberg-Programmen funktionieren und allen anderen DAWs, die diesen Standard unterstützen. Mehr dazu im folgenden. Systemvoraussetzungen: Die Plugins laufen zusammen mit der Lizenz-Software unter den aktuellen Betriebssystemen wie Windows 7, 8 und 10 problemlos. Mit dem Kauf des Bundles erhält man Zugang zur Aktivierung, die man online über die Waves-Central vornehmen muss. Das ganze läuft i